Wieder gut gefüllt war der Vortragsraum der Pausa-Tonnenhalle zum 2. Referentenworkshop. Auch zwei (Ober-)Bürgermeister und einige Gemeinderäte wurden gesichtet. Viele Gesichter kannte man schon, es gab aber auch neue Interessenten an der Idee, Landschaftspflegematerial energetisch zu verwerten.
Wie dies anderswo gemacht wird, beschrieb der erste Referent, Ulfried Miller vom BUND Ravensburg, der sich schon seit über 10 Jahren mit diesem Thema beschäftigt.
Ulfried Miller
Da die Landschaftsstruktur in Oberschwaben anders aussieht als in Mössingen, kommen hier teilweise andere Konzepte zum Tragen, die aber vielfach trotzdem übertragen werden können. Miller erklärte am Beispiel einiger Biogasanlagenbetreiber, wie auch extensive Bewirtschaftungsformen wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden können. Dazu kommen BUND-Ideen wie die Kooperation mit den Elektrizitätswerken Schönau, die die zusätzliche Förderung solcher Landwirte möglich macht. Andere vorgestellte Projektideen waren das Bioenergiekonsortium „Hahnennest“ oder eine Pelletsheizung aus Apfeltrester.
Ein Raunen ging durch den Saal, als ein Randthema gestreift wurde, das hierzulande eher als Reizthema gilt: Die Obstpreise. Als Miller en passant erwähnte, dass sie dank einer Aufpreisinitiative einen Doppelzentnerpreis von 17 Euro 90 erzielten, war reihenweise ungläubiges Kopfschütteln zu beobachten. In Mössingen werden derzeit 4 Euro bezahlt (bzw. 5 Euro bei Abgabe für den „Mössinger“ Apfelsaft), also weniger als ein Viertel. Miller beantwortete viele interessierte Nachfragen ausführlich und sachkundig und gab darüber hinaus Tipps für die hiesige Situation.
Das Kopfschütteln und Raunen war auch in der Pause noch nicht beendet. Man nutzte aber auch die Gelegenheit, die eine oder andere Nachfrage zu stellen oder einfach ein Schwätzchen zu halten.
Vor fast genau einem Jahr fand hier die Auftaktveranstaltung zum Projekt „Energiebündel & Flowerpower“ statt. Was seither geschah, fasste Projektleiterin Sabine Mall-Eder nach der Pause zeitgerafft zusammen:
Sabine Mall-Eder
Landschaftsanalyse, Ermittlung des theoretischen Biomassepotezials, Besichtigung von Verwertungsanlagen, Aufbau einer Webseite, Auftaktveranstaltung, Referentenworkshop, runde Tische, Aussaat verschiedener biomassereicher Blumenmischungen, Schnittgutabfuhr in einem Testgebiet mit durchschlagendem Erfolg, Aufbau eines Geräteverleihs, dazu die Betreuung studentischer Arbeiten, viele Gespräche mit Streuobstwiesenbewirtschaftern und Landwirten, mit Politik und Fachleuten, Pressetermine und viele Projektgruppensitzungen – kurz: ein Riesenprogramm für ein kleines Projekt.
Den Abschluss des Abends bestritt Dieter Neth, „Mössinger Urgestein“ (Mall-Eder), Energie- und Unternehmensberater mit internationaler Expertise in vielen komplexen Energieanlagen. Seine Analyse ging von der Annahme aus, man wollte das Potenzial holzigen Schnittguts, das in den Mössinger Streuobstwiesen anfällt, in einer lokalen Anlage energetisch verwerten. Dazu wurden drei Beispiele durchgerechnet, von der sich schließlich nur eines als unter den bekannten Prämissen sinnvoll und wirtschaftlich zu betreiben erwies. Dieses Projekt aber – der Kastanienhof in Bodelshausen – war interessant genug für eine sehr detaillierte Analyse. Diese Rechnung ergab – trotz erheblicher Investitionen – eine Ersparnis gegenüber dem laufenden Betrieb (mit Öl) von etwa 2 Millionen Euro bei einer Laufzeit von 25 Jahren. Neth wies darüber hinaus nach, dass ein solches Modell auch interessant sein könnte für eine Bürgerenergiegenossenschaft. Eine charmante Idee, weil damit der Streuobstwiesenbesitzer nicht nur sein Schnittgut günstig wegbringt, sondern als „Energiegenosse“ auch noch Geld verdienen könnte.
Dieter Neth
Auch hier gab es zahlreiche Nachfragen, die u.a. die angenommenen Prämissen – wie eine Ölpreissteigerung von 5% pro Jahr oder die Frage der Wirtschaftlichkeit von mit geschreddertem Material betriebenen Anlagen – kritisch unter die Lupe nahmen. Obwohl Neths Vortrag lange und durchaus zahlenlastig war – was in der komplexen Natur des Thema begründet liegt -, war das überaus sachkundige und kritische Publikum stets konzentriert bei der Sache. Und selbst schärfste Kritiker bemerkten wohlwollend, dass sich hier jemand viel lohnende Mühe gemacht hat.
Auch nach diesem Vortrag war trotz vorgerückter Zeit noch lange nicht Schluss. Es gab noch viel zu diskutieren und kritisieren, nachzuhaken und nachzufragen. Das Schöne: All diese Gespräche können schon in vier Wochen fortgesetzt werden, denn der 3. Referentenworkshop findet am Dienstag, 4.11.2014 an gleicher Stelle statt.
Dokumentation:
Vortrag Ulfried Miller (PDF, 1.734 KB)
Vortrag Sabine Mall-Eder (PDF, 4.286 KB)
Vortrag Dieter Neth (PDF, 7.656 KB)
Alle Präsentationen finden sich außerdem unter „Materialien„.