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Ortstermin

Werner Kuhn (Initiative Lebensraum Feldflur) und Stefan Zeller (Saaten-Zeller) kennen den Weg nach Mössingen mittlerweile ganz gut. Zuletzt war Kuhn, selbst Landwirt und Mitentwickler der biomassereichen Blühmischung „BG 70“ im März vor Ort und konnte den örtlichen Landwirten, die diese Mischung vesuchsweise anbauen, wertvolle Tipps geben.
Vergangenen Mittwoch, 12. August wurden die Flächen erneut besucht und in sengender Sonne begutachtet. Mit anwesend waren neben den Projektbeteiligten etliche Landwirte, Vertreter von Landratsamt, VIELFALT e.V., Stiftung Naturschutzfonds, Kommunen, dem Netzwerk Blühende Landschaft, Biologen sowie die Presse.

Die bunte Truppe am Acker von Landwirt Gerd Klett am Ortseingang von Nehren

Die bunte Truppe am Acker von Landwirt Gerd Klett am Ortseingang von Nehren

Der Bestand von Landwirt Klett hatte sich gut entwickelt, wenn auch gelber und weißer Steinklee sehr dominant waren. Diese Arten werden ab dem dritten Standjahr entfallen und das Feld den Stauden überlassen.

Werner Kuhn erläutert die drei wichtigsten Bestandsbildner des dritten Standjahrs: Rainfarn, Schwarze Flockenblume und Malve, die auch für prägnante Blühaspekte sorgen werden.

Werner Kuhn erläutert die drei wichtigsten Bestandsbildner des dritten Standjahrs: Rainfarn, Schwarze Flockenblume und Malve, die auch für prägnante Blühaspekte sorgen werden.

Auf dem Acker von Landwirt Hans-Martin Dreher haben sich aufgrund der Trockenheit die Malven fast nicht, die Hirse dafür umso besser entwickelt, Buchweizen und Sonnenblumen halten die Stellung. „Kein Problem“, meinte Herr Kuhn, nachdem er auf einer kleinen Fläche die Hirsepflanzen entfernt und einen Blick auf die Rosetten der Stauden erlangt hat. „Möglichst zügige Ernte, so dass die Hirse nicht zur Aussaat kommt, im zweiten Standjahr sorgen die Stauden für eine frühe Deckung und dadurch Unterdrückung der unbeliebten Gäste.“

Werner Kuhn (kniend) zählt, unterstützt durch Helmut Reeß (gebückt) vom Landratsamt Tübingen die Stauden, Uwe Schwille (Bauhofsleiter Mössingen), Hans-Martin Dreher und Stefan Zeller schauen interessiert zu (v.l.n.r.)

Werner Kuhn (kniend) zählt, unterstützt durch Helmut Reeß (gebückt) vom Landratsamt Tübingen die Stauden, Uwe Schwille (Bauhofsleiter Mössingen), Hans-Martin Dreher und Stefan Zeller schauen interessiert zu (v.l.n.r.)

Eine wichtige Erkenntnis war bei diesem Standort, dass zukünftig ausschließlich die Mischung „BG 90“ zum Einsatz kommen sollte. Bei dieser erfolgt die Einsaat direkt nach der ersten Ernte in die Stoppeln der Vorfrucht. Durch den Konkurrenzvorteil kann der Unkrautdruck deutlich reduziert werden. Die einjährigen Arten der Mischung „BG 70“ dienen lediglich dem Blühaspekt, sind jedoch für die Etablierung der mehrjährigen Arten teilweise eher hinderlich.

Eifrig wurde diskutiert und die Möglichkeit des Austausches so vieler verschiedener Fachdisziplinen intensiv genutzt – die Gäste hielten Dank umfunktionierter Regenschirme drei Stunden durch.

Eifrig wurde diskutiert und die Möglichkeit des Austausches so vieler verschiedener Fachdisziplinen intensiv genutzt – die Gäste hielten Dank umfunktionierter Regenschirme drei Stunden durch.

Klare Vorteile der mehrjährigen Mischungen sind die lange Bodenruhe, die Heterogenität der Bestände, der bereits vorhandene Aufwuchs im Frühjahr, wenn die heimischen Zugvögel zurückkommen, und der Aspekt der späten Blüte, wenn auf den umgebenden Wiesen und Äckern kein Nahrungsangebot für Insekten mehr vorhanden ist. Rainfarn und Flockenblume sind zudem als Pollenbildner von großer Bedeutung für Insekten. Auf den Flächen ist zudem wenig bis kein Pflanzenschutz erforderlich und Nitrat- und Nährstoffverluste treten aufgrund der guten Durchwurzelung nicht auf. Zudem dienen die Flächen als Rückzugsraum, wenn auf benachbarten Äckern und Wiesen geerntet wird. Auch für die Feldvögel hat die Mischung positive Aspekte, wie Untersuchungen bereits nachgewiesen haben. So kann das Rebhuhn auf den Flächen eine erste Brut durchbringen, bevor die Bestände zu dicht sind.
Weitere Optimierungsmöglichkeiten sind hier durch eine rotierende Ernte gegeben. Durch die Erhöhung der Strukturvielfalt ergeben sich (nicht nur) für Grauammer und Rebhuhn positive Effekte.

Thorsten Teichert vom Verein VIELFALT sucht Möglichkeiten einer zukünftigen Förderung der Anlage mehrjähriger Biogas-Blühmischungen. Er wird eingerahmt von Frau Ditzenbach und Frau Zobel von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes und Herrn Dreher Junior.

Thorsten Teichert vom Verein VIELFALT sucht Möglichkeiten einer zukünftigen Förderung der Anlage mehrjähriger Biogas-Blühmischungen. Er wird eingerahmt von Frau Ditzenbach und Frau Zobel von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes und Herrn Dreher Junior.

Thorsten Teichert vom Verein VIELFALT e.V. skizzierte spontan folgende drei Optionen für eine künftige Finanzierung:
1. Patenschaftsmodelle, wie es sie bereits in anderen Kommunen gibt
2. Ökokonto-/Ausgleichsmaßnahmen durch Kommune
3. Förderungsmöglichkeiten über die Landschaftspflegerichtlinie: denkbar wäre z.B. ein Zuschuss für das Saatgut. Für eine umfangreichere Förderung wäre ein 5-jähriger Vertrag denkbar, in dem der Verzicht auf Düngung und evtl. eine abschnittsweise Ernte festgeschrieben werden könnten.
Schöne Ansätze also, um unsere Landwirte zukünftig zu unterstützen und das Projekt landkreisweit und darüber hinaus auszuweiten und so die Artenvielfalt zu erhalten.
Die Vorteile der mehrjährigen biomassereichen Blühmischungen (auch gegenüber den ein- oder zweijährigen Mischungen) waren allen Beteiligten dank der hervorragenden Beratung und Aufklärungsarbeit durch Herrn Kuhn und Herrn Zeller schnell klar. Dafür nochmals ein ganz herzliches Dankeschön an die beiden!

Berichterstattung anderswo:
Der Reutlinger General-Anzeiger titelte „„Blumen mit Mehrwert“, der Steinlach-Bote machte mit „Biomasse aus Wildblumen“ auf. Hier der gedruckte Artikel:

Schwäbisches Tagblatt, 18.8.2015: Biomasse aus Wildblumen

Hoher Besuch

Werner Kuhn, Anbauberater der Vereinigung „Netzwerk Lebensraum Feldflur“ und Mitentwickler der mehrjährigen biomassereichen Blühmischung Biogas 1/BG 70 hat den langen Weg von Würzburg auf sich genommen, um die Projektbeteiligten zu beraten. Dabei ging es hauptsächlich um die als Maisersatz bzw. ökologische Ergänzung in Kooperation mit der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim und dem Unternehmen Saaten-Zeller entwickelte Blühmischung, die auf den Versuchsflächen dreier Landwirte um Mössingen mehr oder minder erfolgreich angebaut wird. Aufgrund der mäßigen Erträge im ersten Standjahr und der teils starken Verunkrautung war nun die Beratung vom Fachmann gefragt.

Vor dem Gespräch beäugen Frau Dr. Weiß von der Landwirtschaftsabteilung des Landkreises und Biogas-Landwirt Dreher den Zustand der Fläche kritisch.

Vor dem Gespräch beäugen Frau Dr. Weiß von der Landwirtschaftsabteilung des Landkreises und Biogas-Landwirt Dreher den Zustand der Fläche kritisch.

Malve, Natternkopf, Rainfarn, Steinklee, Ehrenpreis

Was auf den ersten Blick stark verunkrautet wirkt, birgt doch viel Potential: unten links treibt eine Malve, Mitte rechts schiebt sich der Natternkopf in die Höhe, die gefiederten Blätter etwas weiter oben gehören zum bestandsbildenden Rainfarn und oben Mitte treibt ein noch kleiner Steinklee. Der bereits blühende Ehrenpreis stört dabei nicht, gegen die Gräser muss etwas unternommen werden.

Interessierte Gruppe beim Blühmischungs-Termin

Eine interessierte Gruppe aus Landwirten, Vertretern des Vereins Vielfalt, des Landratsamts, der Presse und des Netzwerks Streuobst hat sich am Versuchsfeld von Gerd Klett am Ortseingang von Nehren zur Begutachtung des Aufwuchses eingefunden.

Lange wurde beraten, diskutiert und sich ausgetauscht, bis alle durchgefroren waren. Ergebnis: Der Acker von Herrn Klett braucht nun dringend Dünger und Regen, gegen das Gras muss etwas unternommen werden. Das Versuchsfeld von Herrn Dreher kann leider nicht gehalten werden – trotz des besseren Zustands im ersten Jahr -, da aufgrund der zu tiefen Aussaat der mehrjährige Aufwuchs zu gering ist. Dafür wird es neue Versuchsflächen im Bereich Mössinger Nordring/Endelberg geben sowie weitere Flächen auf Nehrener Gemarkung.

(v.l.n.r.: Gabriele Dreher-Reeß, Thorsten Teichert, Karl-Martin Dreher, Werner Kuhn, Gerd Klett, Anette Hübsch, Sabine Mall-Eder)

(v.l.n.r.: Gabriele Dreher-Reeß (Landwirtin), Thorsten Teichert (Verein VIELFALT), Karl-Martin Dreher (Landwirt), Werner Kuhn (Netzwerk Lebensraum Feldflur), Gerd Klett (Landwirt), Anette Hübsch (Südwestrundfunk), Sabine Mall-Eder (Netzwerk Streuobst Mössingen))

Die Berichterstattung zum Projekt lässt sich wie immer auf unserer Medienseite verfolgen.

Flowerpower!

Wer unser Projekt verfolgt, weiß sicher, wofür „Energiebündel“ steht. Wo aber findet „Flowerpower“ statt?

Eine Idee war von Anfang an, nicht nur die Biomasse der Streuobstwiesen ins Visier zu nehmen, sondern auch die der Blumenstadt Mössingen. Denn auch Blumen haben Energie – „Flowerpower“. Daher sollte die bestehende Mössinger Blumenmischung um zwei weitere wichtige Aspekte ergänzt werden: Insektenweide und Biomassereichtum. So könnte eine Verwertung in bestehenden Biogasanlagen interessant werden.

Getestet werden nun zwei Varianten:

  • eine durch Herrn Felger abgewandelte Form der einjährigen Mössinger Blumenmischung
  • sowie eine mehrjährige Saatmischung

Da das Thema Energie aus Wildpflanzen als Maisersatz einerseits recht komplex ist, andererseits von renommierten Forschungseinrichtungen bearbeitet wird, wurde hier auf eine bestehende Saatmischung zurückgegriffen, die in Zusammenarbeit mit der LWG Veitshöchheim entwickelt wurde. Die deutschlandweit einheitliche, ökologisch ausgerichtete Biogas-Mischung BG 70 soll nun unter den lokalen Gegebenheiten auf ihre Eignung bei uns vor Ort getestet werden.

Kunterbunt in allen Größen und Formen und lecker duftend stellte sich das Saatgut dar.

BG 70

Saatgut BG 70: Die Schwarze Flockenblume hat mit Esparsette, Buchweizen und gelbem Steinklee den höchsten Anteil, gefolgt von Sonnenblumen, Quirlmalve und weißem Steinklee.

Die beiden Biogasanlagenbetreiber im oberen Steinlachtal, Herr Klett aus Nehren und Herr Dreher aus Ofterdingen, waren gerne bereit, dieses Saatgut zu testen. Auch Frau Dreher-Reeß aus Mössingen nahm – unter dem Aspekt der Gründüngung – eine kleine Menge ab. Sie schickte uns freundlicherweise Bilder, bei denen wir ihren Mann Erwin Reeß bei der Aussaat von Hand beobachten können:

Erwin Dreher sät ...

Erwin Reeß sät …

... und walzt

… und walzt

Und so konnte bereits in den letzten Wochen auf einer Fläche mit ca. 0,5 ha am Radweg zwischen Ofterdingen und Dußlingen und auf drei Äckern mit etwa 1,5 ha Fläche zwischen Nehren und Mössingen entlang der Reutlinger Straße das Saatgut ausgebracht werden. Ein weiterer Versuch läuft an der Ortsverbindungsstraße von Nehren nach Ofterdingen, hier hat Herr Klett auf einem Maisacker einen Randstreifen mit dem Saatgut übersät – mal sehen, wer sich durchsetzt.
Interessant waren dabei auch die unterschiedlichen Aussaattechniken, da das Saatgut nicht in den Boden eingearbeitet werden durfte.

Hier sehen wir Herrn Dreher bei der Aussaat:

dreher1

Herr Dreher beim „Abdrehen“ des Saatguts. Hier wird eingestellt, wieviel Saatgut pro Umdrehung ausgeschüttet wird.

dreher2

dreher3

dreher4

dreher5

dreher6

dreher7

Und hier ist Herr Klett in Aktion:

klett1

klett2

klett3

klett4

klett5

klett7

Herr Klett auf dem Maisacker mit Saatstreifen.

Herr Klett auf dem Maisacker mit Saatstreifen.

Nun freuen wir uns schon auf die nächsten Bilder von wachsendem und gedeihendem „BG 70“.

Nachtrag 29.5.:
Vor lauter Abdrehen und Umdrehen und Drehers aus Ofterdingen und Mössingen hatte es uns den Namen von Gabi Dreher-Reeß` Ehemann verdreht. Der heißt natürlich Erwin Reeß, nicht Dreher. Entschuldigung!